Im nächsten Jahr ziehen Athleten weltweit wieder auf den metaphorischen Berg Olymp, um sich in diversen Sportarten zu messen. Neben einigen neuen Disziplinen wird sich diesmal auch beim Schießsport einiges ändern, was für viele Schützenfans äußerst interessant ist. Welche Disziplinen dies im Genauen betrifft, welche Änderungen Anwendung finden, warum sie abgeändert wurden und was es sonst noch Neues bei dem Großevent zu erwarten gibt, erfährst du hier.
Olympischen Spiele verfolgen mehr Gleichberechtigung
Bereits am 9. Juni 2017 wurde das Sportprogramm für die Olympischen Spiele 2020 vom internationalen Olympia-Komitee (IOC) veröffentlicht, in dem die zahlreichen Änderungen, wie das Hinzukommen neuer Sportarten sowie die aktualisierten Regeln bestehender Disziplinen enthalten sind.
Ein Großteil der Neuauflage betrifft dabei vor allem die Gleichstellung von Sportarten für Männer und Frauen, welche im Rahmen der Agenda 2020 als strategisches Ziel erklärt und konsequent umgesetzt wurde. Der erste Effekt ließ sich bereits bei den Jugendspielen 2018 in Buenos Aires erkennen: Hier gab es den ersten olympischen Sportanlass mit gleich vielen weiblichen und männlichen Athleten – selbst das Organisationskomitee bestand zu etwa der Hälfte aus Frauen. Die nächsten Rekorde im Sinne der Gleichberechtigung werden dann im Sommer 2020 folgen.
Kritik: Frauenquote entspricht nicht der Realität
Eine eigentlich erfreuliche Entwicklung, die vom IOC teils mit drastischen Maßnahmen umgesetzt wurde – und eine gute Abwechslung zu Doping- und Korruptionsskandalen bei denen das Komitee oft im Rampenlicht der Medien stand.
Diese Entwicklung erfreut allerdings nicht alle Beteiligten: Ein häufiger Kritikpunkt der Sportverbände ist es, dass eine Frauenquote von 50 Prozent in vielen Disziplinen nicht der Anzahl der lizenzierter Sportler entspricht – also nicht der Realität. Zudem gäbe es Sportverbände, die von männlichen Funktionären dominiert werden, allerdings überwiegend aus Frauen bestehen.
Ganz unabhängig davon, ob man die Vorlagen des IOC als Gerechtigkeitsmaßnahme oder Gleichstellungs-Diktat ansieht: Der Verband bleibt weiterhin auf Kurs und sieht bereits im Bereich Arena und Zeitplan Handlungsbedarf – so soll der olympische Frauensport nicht mehr als Vorprogramm zu den Männerentscheidungen gesendet oder in kleineren Stadien abgehalten werden.
Angleich der Wettkampfanzahl im Schießsport
So ist es nicht verwunderlich, dass diese Änderungen auch vor dem Schießen keinen Halt machen. Die neusten Reglementierungen rund um den Schießsport gelten bereits ab dem 1. Januar 2018 bis einschließlich 2020 – sind also bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio bindend. Festgelegt hat sie die International Shooting Sport Federation (ISSF), dem offiziellen Verband und obersten Organ beim olympischen Schießsport, welcher mehr als 160 nationale Verbände unter einem Dach vereint.
In der Vergangenheit enthielt das Programm neun Events für Männer und sechs für Frauen – jeweils drei Wettbewerbe für männliche und zwei für weibliche Schützen. Zunächst wurden die 15 verschiedenen Schießdisziplinen bei den insgesamt 15 Wettbewerben angeglichen: Jeweils fünf mit der Büchse, der Pistole und der Flinte. Anschließend wurde der Anteil der Frauen- und Männerwettbewerbe ausgeglichen.
Dafür wurden folgende drei Wettbewerbe der Männer gestrichen …
- Männer: Freie Pistole 50 Meter
- Männer: Kleinkalibergewehr liegend 50 Meter
- Männer: Doppeltrap
… und mit folgenden drei Mixed Gender Events ersetzt …
- Mixed Gender: 10 Meter Luftpistole
- Mixed Gender: 10 Meter Luftgewehr
- Mixed Gender: Trap
… , sodass sich eine gleiche Anzahl an Wettbewerben für Frauen und Männer ergibt:
- 10 Meter Luftpistole
- 10 Meter Luftgewehr
- 25 Meter Sportpistole und Schnellfeuerpistole
- 50 Meter KK-Gewehr Dreistellung
- Trap
- Skeet
Des Weiteren gab es noch viele weitere Veränderungen, die die einzelnen Schießdisziplinen betreffen. Darunter fallen die zugelassenen Spezifikationen der Luftpistole und Luftgewehre inklusive Visierung, Blende und Schaftkappe, die vorgeschriebene Musik in Finalwettkämpfen, eine Bezeichnungsänderung von Weltrekord zu „World Record“ und viele kleinere Details, wie das Verbot von Kommunikation via Smartphone vom Schießstand sowie das papierlose Verteilen von Startlisten, Ergebnislisten und anderen Informationen.
Info: Wie funktioniert ein Mixed Gender Team beim Schießsport?
Ein Mixed Gender Team besteht aus einem weiblichen und einem männlichen Schützen, die gemeinsam für eine Nation antreten. Alle Punkte, die in der Qualifikation der einzelnen Teammitglieder erzielt werden, werden zusammen addiert. Im Finale der Mixed Gender Teams gelten dann dieselben Regeln, wie im eigentlichen Wettkampf der jeweiligen Disziplin. So fallen die Unterschiede in der Leistung der beiden Geschlechter nicht ungerecht ins Gewicht – wobei Männer beim Präzisionssport Schießen im Vergleich zu anderen Disziplinen keine Vorteile haben.
Neue Disziplinen bei Olympia 2020
Ganz nach dem Zitat des Präsidenten des IOC Thomas Bach, das er bei einer Pressekonferenz gab, nach dem die Olympischen Spiele 2020 „jugendlicher, städtischer und mehr Frauen einschließen“ sollen, sorgen neben der Gleichstellung von Frauen und Männern gerade die neuen Sportarten für ein dynamischeres Event – insgesamt wurden fünf neue Sportarten genehmigt und hinzugefügt, was die insgesamt vertretenen Anzahl der olympischen Sportarten auf 33 erhöht. Erstmals lassen sich 2020 Wettkämpfe im Surfen, beim Base- beziehungsweise Softball, dem Sportklettern sowie Karate verfolgen.
Selbst bestehende Sportarten wurden mit vielen spannenden Wettkämpfen angereichert, wie beispielsweise 3-gegen-3 Spiele im Basketball, die von der temporeichen Variante des Streetball inspiriert, oder der Radsport, der mit BMX-Rennen sowie BMX Freestyle Park erweitert wurde.
Der IOC hat seine Ziele der Agenda 2020 im Sinne der Gleichstellung und der jugendlicheren Ausrichtung also durchaus umgesetzt. Diese Veränderungen können sich gerade im Hinblick auf den Schießsport positiv auswirken: So hat das Schießen in der allgemeinen Bevölkerungen meist noch ein Image des Altherrenvereins – nicht zuletzt auch aufgrund des Auflageschießens, was jedoch die Zugänglichkeit für alle Altersklassen ermöglicht. Natürlich ist der Wegfall der drei beliebten Schießdisziplinen der Herren bei den Olympischen Spielen bedauerlich, allerdings wird sich herausstellen, wie interessant sich die neuen Mixed Gender Teams in Tokio zeigen.